Geschichte im Wald zwischen Kirchen- und Doktorteich

Wo sich in der Bronzezeit Siedlungen und Begräbnisstätten und im Mittelalter mehr als sieben Dörfer, darunter eines mit Burg und Kirche erstreckten, liegt heute der Wermsdorfer Wald mit seinen Teichen. Hier im Staatsforst westlich von Leipzig, zwischen Grimma, Wurzen und Oschatz gelegen, lädt ein Kulturlandschaftsmuseum ein zum Entdecken der Vergangenheit ländlicher Siedlung in vor- und frühgeschichtlicher Zeit.

Beginnend am Waldklassenzimmer am Parkplatz ‚Kirchenteich‘ startet der Rundgang entweder in nummerierter Folge der Stationen 1 bis 7 zeitlich absteigend – oder umgekehrt, mit Nummer 7 beginnend, von den ältesten zu den jüngeren Siedlungszeugnissen. Wir wählen letzteren und gelangen an das jungbronzezeitliche Gräberfeld südlich vom Doktorteich. Hier finden sich auf überschaubarem Areal drei hügelgrabartige Steinmale, die wohl kultischen Zwecken dienten, sowie ein (ausgegrabenes) Urnengräberfeld unter einer Steindecke. Die archäologische Erschließung belegt eine Nutzung für die Zeit von etwa 1.300 bis 750 vor Christi, die nach der aufgefundenen Keramik als Lausitzer Kultur bezeichnet wird. Die Fundstelle steht in Beziehung zu weiteren Hügelgräbern und Siedlungen der näheren Umgebung von Göttwitz über Mutzschen und Wermsdorf.

Weiter führt der Weg auf den Spuren des Mittelalters: Nach einer Siedlungslücke von mehr als 1.500 Jahren wurde der Mutzschener Raum erst im 8. Jahrhundert wieder besiedelt. Am südwestlichen Ufer des Kirchenteiches findet sich mit Alt-Nennewitz die älteste mittelalterliche Siedlung im heutigen Waldgebiet. Seit dem Ausgang des 9. Jahrhunderts bewohnt, wurde der Ort bereits im 10. Jahrhundert vermutlich als Folge von Klimaveränderungen wieder verlassen – so die Aussage des archäologischen Fundmaterials. Der Ortsname Neniwiz hingegen blieb in der Überlieferung erhalten, denn im Jahr 1081 erhielt der Adlige Chitele von Kaiser Heinrich IV. die Orte Mutzschen, Mehlis und Böhlitz und den Wald bei Mutzschen, bei dessen Grenzbeschreibung Nennewitz genannt wird. Den Namen trug dann auch das um 1200 unweit der älteren Dorfstelle errichtete neue Dorf. Zu ihm gehörten Burg und romanische Saalkirche – am heutigen Kirchenteich – als lokale Mittelpunkte für die umliegenden Siedlungen. Gut 200 Jahre später wurde ein Großteil dieser Dörfer sukzessive wieder aufgegeben und ist heute anhand zahlreicher Siedlungsrelikte im Wald zu lokalisieren. Die alte kirch gab dem Teich ihren Namen, den bereits die Ödersche Karte am Ende des 16. Jahrhunderts nennt. Gleichfalls im Mittelalter wurde der Wermsdorfer Wald saisonal für Pechsiederei und Grubenköhlerei genutzt, galt doch Pech seit alters als der „Kunststoff“ zum Abdichten und Schmieren sowie als Brenn- und Klebstoff.

Als sachkundige Begleiter für den Streifzug durch die Vergangenheit stehen seit diesem Jahr nun auch zahlreiche Informationstafeln an Fundstellen und Objekten bereit. Und wen die Neugier gepackt hat noch mehr zu erfahren, dem sei der Museumsführer empfohlen.

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Eine Antwort auf Geschichte im Wald zwischen Kirchen- und Doktorteich

  1. Schön das dieser Fundplatz hier vorgestellt wird! Bei allen Fragen/Anregungen, die ich nachfolgend stelle, möchte ich betonen, dass alleine diese Vorstellung schon Lob verdient!

    Anregung I
    Gibt es eine ÖPNV Anbindung? Gibt es Parkplätze in der Nähe? Diese Fragen mit zu klären, würde die Vorstellung wertvoller machen. Dann könnte man diese Vorstellung per Link als Ausflugsempfehlung weiter verbreiten.

    Anregung II
    Am Ende wäre es hilfreich, die weiterführende wissenschaftliche Literatur aufzuführen. Ich kenne die Arbeit von G. Oettel in den „Arbeits und Forschungsberichten zur sächsischen Bodendenkmalpflege(AFD) Band 31/1987“, aber z.B. zu den Gräbern am Doktorteich müsste ich erst suchen, ob in den AFD dazu veröffentlicht wurde oder nur in „Ausgrabung und Funde“ etc.

    Frage: Wieviel wird zur Pechherstellung auf den Tafeln ausgeführt? Wenn man sich für die Technologie der vorzeitlichen/mittelalterlichen Pechherstellung interessiert, wird es dünn. Eine Publikation dazu ist mir nicht bekannt und die Internetquellen dazu sind disperat.
    Wenn im Rahmen des dortigen Lehpfades die topf- und die ofenbasierte Pechherstellung erläutert würden, wäre das wirklich ein Punkt, um mit Kindern (auch von Freunden) mal dorthin zu fahren und diesen Aspekt näher zu beleuchten.

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