Ja, was denn, was eine Burg ist, weiß jedes Kind! Also, das sind dicke Mauern und Türme mit Zinnen, Schießscharten … – aber das haben oft auch andere Bauwerke, man denke etwa an Stadttore oder Festungsanlagen. Was genau zeichnet nun eine Burg aus?
Vor 500 Jahren sah man das so:
„In einem Dekret Karls V. wurden 1536 folgende Elemente als unabdingbare Bestandteile einer ‚ridderhofstede‘ (hier gleichbedeutend mit ‚Burg‘) genannt:
ein wehrhaftes Haus, ein Wassergraben mit Zugbrücke und eine Vorburg.“
(Mythos Burg 299)
Otto Piper vermerkte in seiner Burgenkunde, einem Klassiker aus dem Jahr 1912, „dass jede Burg wenigstens ein bewohnbares, wehrhaftes Gebäude und eine Ringmauer enthalten muss.“ (Piper, Burgenkunde, 5)
Ein wunderbares Beispiel des Burgenbaus von der Romanik bis zur Romantik bietet Burg Mylau im sächsischen Vogtland: wenn auch im 19. und 20. Jahrhundert in vielen Teilen grundlegend umgebaut und umgenutzt, spiegelt sie ideal eine Burg im Wandel der Zeiten.
Hier eine Foto-Stippvisite … – Oder gleich ein kurzer Rundflug über die Burg!
Mit dem geübten ‚Burgen-Blick‘ lassen sich #hashtags ableiten, um hier künftig Bauelemente von Burgen genauer unter die Lupe zu nehmen, etwa:
#Bergfried #Wohnturm #Palas #Burgkapelle #Zugbrücke #Wehrgang #Vorburg
Natürlich wird die Liste der #hastags wachsen; vorerst konzentriert auf Elemente, die nicht mehr so häufig anzutreffen sind – anders als etwa #Wall und #Graben, die allgemein als Merkmal befestigter Anlagen gelten. – Dabei sind Wälle und Gräben vor allem dann besonders spannend, wenn sie die einzigen obertätig sichtbaren Spuren der Vergangenheit sind bzw. keine Steinbauten mehr nachweisbar sind; so zu beobachten bei zahlreichen vor- und frühgeschichtlichen Befestigungen wie etwa am Röthaer Groitzschberg.
Die äußere Erscheinung ist jedoch nur eine Seite des Phänomens Burg – denn ebenso wichtig ist die Funktion einer Burg: Über weite Zeiten des Mittelalters verkörperte sie den befestigten Wohnsitz adliger Herrschaftsträger: des Königs, der Fürsten und des (niederen) Adels. Als solche war die Burg das Zentrum überregionaler oder nur lokaler Herrschaft und zugleich Statussymbol seiner Besitzer; dort wurden politische Entscheidungen gefällt, Güter verwaltet, es fand höfisches und ganz „normales“ Leben statt.
„Die Burg ist der Nagel, mit dem die Herrschaft in einer Region befestigt wird.“ Werner Meyer, zitiert in Burg und Herrschaft, 12.
Dort mehr zum Thema, u.a. „Burgenherrschaft ohne Mythos“ (14-20)
In der Regel war die Burg mit sogenanntem Zubehör ausgestattet: so gehörten oft Feld, Wald, Wiesen und Teiche, aber auch Dörfer, Pfarrbezirke, Klöster und Städte, später Bergwerke zum Umland einer Burg, das so wiederum die Basis größerer Herrschaftsgebilde werden konnte. Im Laufe der Zeiten wandelten sich schließlich Aussehen und Funktion der Burgen – und so wurden sie zu dem, was heute von ihnen überliefert ist.
Neugierig auf den nächsten Beitrag?
Ein romanischer Bergfried lädt ein, zum Erkunden und Besteigen …
Antworten auf diese Fragen sucht der Burgspion in naher Zukunft:
- Welche prägenden Bauteile gehören zu einer Burg? Was zeichnet diese aus?
- Seit wann bezeichnet man die Burg als Burg? Und welche Bezeichnungen gab oder gibt es noch?
- Welche (Eigen-) Namen gab man Burgen im Laufe der Zeit?
- Warum sind viele Menschen bis heute fasziniert von diesen alten Gemäuern?
Ich werfe mal als Gedankensplitter den Burgenbauerlass König Heinrich I ein:
Der Chronist Widukind von Corvy berichtet, dass er jeden neunten Mann auswählte und diesen in einer der neu zu errichtenden Burgen ansiedelte. Dieser Mann musste für die anderen acht Wohnsitze und Fruchtscheuern errichten. Während er ständig auf der Burg wachte, lebten die anderen acht auf Höfen, kümmerten sich um die Feldarbeit und brachten die Ernte ein. Zentrum dieser Interessensgemeinschaft war die Burg, auf der alle Entscheidungen getroffen werden sollten.
Die Burg war am Anfang also ein Werk der Schutzgemeinschaft. Dementsprechend ist die Adels- oder auch „Ritter“burg zu trennen von z.B.
– Kirchenburgen,
– Burgen im Besitz von Städten
Aber Burg = Adelsburg, verkennt meiner Meinung nach die Breite des Phänomens Burg.
Gedankensplitter II
– War es nicht Heinrich IV, der alle Gebäude schleifen ließ, wo die Mauer höher war als das ein Reiter mit dem Arm über die Mauerkrone greifen konnte?