Baugeschichte neu schreiben

Umfassende Bau- und Restaurierungsmaßnahmen an Sachsens Burgen und Schlössern haben diese seit den 1990er Jahren vor dem vielerorts drohenden Verfall gerettet. Diese Maßnahmen boten auch die einzigartige Chance, neue wissenschaftliche Erkenntnisse zur älteren Geschichte dieser Anlagen zu gewinnen – unser Bild vom mittelalterlichen Burgenbau in Sachsen zu komplettieren und teils neu zu überdenken. Für die größeren Anlagen erscheint dieser Prozess vorerst abgeschlossen. Umso größer ist das Erstaunen, wenn kleinere, bislang wenig beachtete Anlagen in den Blickpunkt rücken.

Schloss Frohburg in der gleichnamigen Stadt südlich von Leipzig ist eine zweigeschossige Vierflügelanlage aus der Mitte des 16. Jahrhunderts mit barocken Umbauten. Bis in die jüngste Vergangenheit bot es unter den Schlossbauten ein eher unscheinbares Bild. Erst mit den Sanierungsmaßnahmen seit 1989 änderte sich dies von Jahr zu Jahr. Schließlich gelang es Birgit Menzl, die baurestauratorischen Befunde systematisch zu untersuchen und in ihrer Masterarbeit zusammenzuführen – das Ergebnis: Die Baugeschichte von Schloss Frohburg ist neu zu schreiben!

Schloss Frohburg, Innenhof, Blick auf Ostflügel, Foto: Gaby Rauschenbach, 2011

Aus diesem Anlass und zum 90-jährigen Bestehen der „Stiftung Schloss Frohburg“ hatte Museumsleiterin Konstanze Jurzok für den 3. September 2011 zu einem Festkolloquium in den Bildersaal des Schlosses geladen.

Im Hauptvortrag erläuterte Birgit Menzl (jetzt Birgit Mühler) die unterschiedlichen Bauphasen von der Romanik und Spätgotik über Renaissance und Barock bis in das 19. und 20. Jahrhundert. Diese Abfolge wurde erst durch den Vergleich aller Fassadenbefunde möglich. Bemerkenswert ist, dass der heutige trapezförmige Grundriss der Anlage bereits in der Romanik vorgegeben wurde. Auch die Baukörper der Romanik blieben in späteren Bauphasen zumindest anteilig erhalten. Sie gehören bis heute zur Bausubstanz der Vierflügelanlage.

Die Folgevorträge boten ein breites Themenspektrum: Susanne Baudisch sprach zur Frühgeschichte von Burg und Herrschaft Frohburg vom 12. bis 14. Jahrhundert – eine Zeit, die speziell unter Regionalhistorikern noch viele offene Fragen aufwirft. Hendrik Wieczorek veranschaulichte den Ablauf der Sanierungsarbeiten von 1997 bis 2010 in der Regie seines Baubüros. Professor Rainer Arnold referierte zur Person Ernst Blümners (1779-1815), der als Besitzer Frohburgs und Diplomat sowohl Frohburger als auch sächsische Geschichte mit geschrieben hat. Es folgten Ausführungen von Uwe Härtig zu Wandmalereien und Raumfassungen und von Gregor Bauer zu den Tafelparketten im Schloss. Abschließend bot Torsten Nimoth einen Vergleich zu Baugeschichte und Restaurierung an sächsischen Burg- und Schlossanlagen.

Gekommen waren neben interessierten Frohburgern und Heimatfreunden auch Experten aus Archäologie, Denkmalpflege und Restaurierung. Bei Rundgängen durch die Räume des Schlosses, durch Kellergewölbe und Außenanlagen entspann sich eine rege Diskussion. Das Fazit: Die Baugeschichte wurde neu geschrieben, doch so manche Frage harrt noch einer Antwort.

So finden Sie Schloss Frohburg

 

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